Notfall-Übungen

Rettung von Kulturgut: Archivarinnen und Archivare proben für den Notfall

Übung von Archiven und Feuerwehr zur Erstversorgung wassergeschädigten Archivguts mit einer neuen mobilen Werkstatt

Am 25. August 2022 haben vor dem Kultur- und Stadthistorischen Museum am Duisburger Innenhafen Vertreterinnen und Vertreter großer archivischer Notfallverbünde in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit der Feuerwehr Duisburg und der Stadt Köln eine Übung zur Rettung von Kulturgut im Not- und Katastrophenfall durchgeführt.

Das Foto wie eine Frau den Teilnehmenden der Notfallübung das Einstrechten eines Objekts zeigt. Die Übung findet unter den Zelten, die dem Notfallcontainer beigefügt sind, statt.

Die Flutkatastrophe des vergangenen Jahres hat gezeigt, dass die Archive noch stärker als bisher darauf vorbereitet sein müssen, in Not- und Katastrophenfällen rasch Maßnahmen zur Rettung des schriftlichen Kulturerbes ergreifen zu können. Die dafür notwendigen fachlichen und logistischen Kapazitäten können nur durch eine enge Abstimmung und Kooperation bereitgestellt werden. Schon seit vielen Jahren schließen sich bundesweit Archive regional und lokal in sogenannten Notfallverbünden zusammen, um im Bedarfsfall rasch und konzentriert Personal und Material bereitstellen zu können. Auch in Duisburg existiert seit 2016 ein solcher Notfallverbund, in dem sich neun städtische Kultureinrichtungen zusammengeschlossen haben.

Nach den Erfahrungen mit der Flutkatastrophe soll die Infrastruktur der archivischen Notfallprävention weiter ausgebaut werden. Hierzu der Präsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, Dr. Frank M. Bischoff: „Das Land NRW und der Bund stehen in Gesprächen zur Beschaffung mobiler Werkstätten in Containerform, die dezentral an verschiedenen Standorten bei den Feuerwehren eingelagert werden sollen. Bei Bedarf können diese einheitlich aufgebauten Werkstatt-Container rasch am Schadensort in einer leistungsfähigen Infrastruktur zur Erstversorgung von geschädigtem Archivgut zusammengeführt werden.“

Umwelt und Kulturdezernent Matthias Börger begrüßt die Initiativen des Landes und des Bundes. „Auch im Kulturbereich können die Folgen des Klimawandels nur im Zusammenwirken von Bund, Land und Kommune effektiv bewältigt werden. Neben präventiven Maßnahmen müssen wir kurz- und mittelfristig darauf vorbereitet sein, im Falle von Naturkatastrophen schnell und kompetent handeln zu können. Der Ausbau der archivischen Notfallvorsorge mit neuen technischen Instrumenten ist dazu ein wichtiger Beitrag.“

Die neuartige mobile Werkstatt, in der nasses und verschmutztes Archivgut gereinigt und für die spätere Gefriertrocknung vorbereitet werden kann, ermöglicht eine qualitativ hochwertige und besonders effiziente Form der archivischen Erstversorgung. „Der Mehrwert des neuen Notfallcontainers“, so die Vorsitzende des Notfallverbunds Kölner Archive und Bibliotheken Dr. Christiane Hoffrath, „liegt darin, dass es sich um einen Abrollcontainer handelt, der mit einem Wechselfahrzeug der Feuerwehr schnell an verschiedene Orte gebracht werden kann. Der Container ist wartungsarm, da er keinen eigenen Motor hat. An Bord wird ständig alles vorgehalten, was im Notfall gebraucht wird; außerdem können noch weitere, mit Material gefüllte Rollcontainer darin transportiert werden. Schließlich bietet der Container witterungsunabhängige Arbeitsplätze, ist also Lagerraum und Arbeitsraum in einem.“

Mit der jetzt in Duisburg durchgeführten Übung konnte der Umgang mit der neuartigen mobilen Container-Werkstatt eingeübt und dabei auch mögliche Optimierungspotentiale für die Technik und den Workflow ermittelt werden.

Alle an der Übung beteiligten Archivarinnen und Archivare verfügten bereits über konkrete praktische Erfahrung in der archivischen Notfallvorsorge; die meisten Kolleginnen und Kollegen waren an dem Notfalleinsatz in den Flutgebieten (u. a. in Leichlingen und in Stolberg) beteiligt. Diese Erfahrungen sollen auch künftig in regelmäßigen Übungen weiter ausgebaut werden.

Bei der Übung am Duisburger Innenhafen wurden die Archivarinnen und Archivare durch die Feuerwehren aus Duisburg und Köln unterstützt. Die Feuerwehren haben den An- und Abtransport des Containers und dessen technische Einrichtung vor Ort übernommen.

Aus dem Foto wird gezeigt, die der Notfallcontainer von der Feuerwehr vom Transportgefährt abgerollt wird.

Die Zusammenarbeit zwischen Archiven und Feuerwehr basiert auf einer langjährigen und inzwischen eingespielten Tradition der Kooperation. Die Feuerwehren besitzen ein breites Wissen und Erfahrungen im Katastrophenschutz. Sie halten darüber hinaus in Form von Fahrzeugen und Personal eine leistungsfähige Infrastruktur bereit, mit der Material zur Erstversorgung geschädigten Archivguts schnell und sicher an den jeweiligen Einsatzort transportiert werden kann. Die neue Werkstatt-Container bilden eine sinnvolle und auf die Standards der Feuerwehr abgestimmte Ergänzung dieser Infrastruktur. Der Leiter der Feuerwehr Duisburg Oliver Tittmann erklärt in diesem Zusammenhang: „Zu dem Aufgabenspektrum der Feuerwehr zählt auch der Schutz von Kulturgütern. In der Praxis unterstützt die Feuerwehr die Notfallverbünde vor allem durch eine beratende Rolle in der Vorbereitung auf mögliche Schadensszenarien sowie bei der Übernahme von logistischen Aufgaben wie Vorhaltung und Transport von Materialien. Die gemeinsamen Vorbereitungen und Übungen haben sich bereits in der Vergangenheit bei der Bewältigung der Flutkatastrophe bewährt.“

Dr. Kathrin Pilger, Pressesprecherin des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, August 2022

Notfallübung des Notfallverbundes Kölner Archive und Bibliotheken

Bericht einer Teilnehmerin

Am 13. September trafen sich Mitglieder des Notfallverbundes Kölner Archive und Bibliotheken und probten den Notfall. Nach einer kurzen theoretischen Einführung in den Notfallcontainer durch die Restauratorin des Historischen Archivs Köln, Corinne Henderson, wurden die Übenden in die verschiedenen Rollen, die es in einer Notsituation zu füllen gibt, eingeteilt. Neben den offensichtlichen Rollen, wie Erstversorger im Notfallcontainer, zählen dazu auch Personen für die Sicherheit im Einsatzbereich, die Einsatzdokumentation, aber auch Personen, die für die Logistik verantwortlich sind. Die Einsatzleitung wurde bei dieser Übung sogar durch ein Einsatzleitungsteam übernommen.

Im Anschluss an die theoretische Einführung ging es auch schon in den „Einsatz“. Zuerst wurde der Arbeitsbereich um den Container einsatzbereit gemacht. Dazu wurden zwei Zelte, die auch zur Ausstattung des Containers gehören, von den Übenden aufgebaut. Die zuvor präparierten Übungsobjekte wurden daraufhin durch ein Bergungsteam gesichtet und zu den Erstversorgenden im Container gebracht. Dort wurde neben einer ausführlichen handschriftlichen Dokumentation auch der Umgang mit der an Bord befindlichen Kamera geübt. Nach der Erfassung und Fotodokumentierung gingen die Übungsobjekte an die Nassstationen, um dort von grobem Schmutz gefreit und anschließend an der letzten Station im Container mit Folie eingestretcht zu werden.

Nach Beendigung des Praxisteils trafen sich die Übenden zu einer abschließenden Feedbackrunde, in der nicht nur die Übung an sich besprochen wurde, sondern es auch die Möglichkeit gab, Verbesserungen für den Container vorzuschlagen.

Das Ergebnis dieser Übung: Hilfreiche Hinweise für den Notfall und die Verkleinerung der Hemmschwelle, sollte ein Ernstfall eintreten.